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Aktuelle Gesetzesänderungen:

Neuregelung der Selbstanzeige durch das
Schwarzgeldbekämpfungsgesetz vom 28.04.2011 (BGBl. I 2011 S. 676)

A. Zusammenfassender Überblick in Bezug auf die Selbstanzeige (§ 371 AO n.F.)

  • Keine Teil-Selbstanzeige mehr;
  • Erweiterung der Sperrgründe für eine wirksame Selbstanzeige:

(1) Bekanntgabe einer Prüfungsanordnung als neuer Sperrgrund,

(2) Steuerhinterziehung von mehr als € 50.000,00 als neuer Sperrgrund (beachte jedoch § 398a AO),

(3) Schaffung steuerartbezogener tatübergreifender Sperrgründe.

B. Inhalt der Neuregelung

1. Wortlaut des § 371 Absatz 1 (alte Fassung) Abgabenordnung

„Wer in den Fällen des § 370 unrichtige oder unvollständige Angaben bei der Finanzbehörde berichtigt oder ergänzt oder unterlassene Angaben nachholt, wird insoweit straffrei“.

2. Wortlauf des § 371 Absatz 1 (neue Fassung) Abgabenordnung

„(1) Wer gegenüber der Finanzbehörde zu allen unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart in vollem Umfang die unrichtigen Angaben berichtigt, die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachholt, wird wegen dieser Steuerstraftaten nicht nach § 370 bestraft.

(2) Straffreiheit tritt nicht ein, wenn

1. bei einer der zur Selbstanzeige gebrachten unverjährten Steuerstraftaten vor der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung

a) dem Täter oder seinem Vertreter eine Prüfungsanordnung nach § 196 bekannt gegeben worden ist oder

b) dem Täter oder seinem Vertreter die Einleitung des Straf- oder Bußgeldverfahrens bekannt gegeben worden ist oder

c) ein Amtsträger der Finanzbehörde zur steuerlichen Prüfung, zur Ermittlung einer Steuerstraftat oder einer Steuerordnungswidrigkeit erschienen ist oder

2. eine der Steuerstraftaten im Zeitpunkt der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung ganz oder zum Teil bereits entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste oder

3. die nach § 370 Absatz 1 verkürzte Steuer oder der für sich oder einen anderen erlangte nicht gerechtfertigte Steuervorteil einen Betrag von 50 000 Euro je Tat übersteigt.

(3) Sind Steuerverkürzungen bereits eingetreten oder Steuervorteile erlangt, so tritt für den an der Tat Beteiligten Straffreiheit nur ein, wenn er die aus der Tat zu seinen Gunsten hinterzogenen Steuern innerhalb der ihm bestimmten angemessenen Frist entrichtet.

(4) Wird die in § 153 vorgesehene Anzeige rechtzeitig und ordnungsmäßig erstattet, so wird ein Dritter, der die in § 153 bezeichneten Erklärungen abzugeben unterlassen oder unrichtig oder unvollständig abgegeben hat, strafrechtlich nicht verfolgt, es sei denn, dass ihm oder seinem Vertreter vorher die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens wegen der Tat bekannt gegeben worden ist. Hat der Dritte zum eigenen Vorteil gehandelt, so gilt Absatz 3 entsprechend.“

3. Erläuterung der Vorschrift des § 371 (neue Fassung) Abgabenordnung

In § 371 Absatz 1 neue Fassung wird der notwendige Inhalt einer Selbstanzeige „Berichtigung / Ergänzung von unrichtigen oder unvollständigen Angaben gegenüber der Finanzbehörde“ sowie die daraus resultierende Rechtsfolge „Nichtbestrafung wegen Steuerhinterziehung“ normiert.

Gemäß § 371 Absatz 2 dürfen keine Sperrgründe vorliegen, durch die die Straffreiheit entfällt, d.h. (a) keine Bekanntgabe einer Prüfungsanordnung, (b) keine Bekanntgabe der Einleitung eines Strafverfahrens, (c) kein Erscheinen eines Amtsträgers, (d) keine Entdeckung der Steuerstraftat sowie (e) kein Überschreiten von € 50.000,00 je Tat.

In § 371 Absatz 3 ist geregelt, dass bei eingetretenem (Steuer-) Schaden Straffreiheit nur dann eintritt, wenn die Beteiligten der Steuerhinterziehung die hinterzogenen Steuern nachzahlen.

C. Hintergrund

Hintergrund der Neuregelung ist, dass der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 20.05.2010 (Aktenzeichen 1 StR 577/09, veröffentlicht in der Zeitschrift wistra 2010, 304) entschieden hatte, dass Teil-Selbstanzeigen nicht (mehr) ausreichend seien, um die Strafbefreiung zu erhalten:

„Eine Rückkehr zur Steuerehrlichkeit ist (nur) dann gegeben, wenn der Täter nunmehr vollständige und richtige Angaben, mithin „reinen Tisch“ macht; erst dann liegt eine strafbefreiende Selbstanzeige i.S.d. § 371 Abs. 1 AO vor. Dagegen reicht eine Teilselbstanzeige als Rückkehr zur Steuerehrlichkeit nicht aus.“

„Der Sperrgrund des § 371 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a Alt. 2 AO betrifft nicht nur solche Taten, die vom Ermittlungswillen („zur Ermittlung“) des erschienenen Amtsträgers erfasst sind. Er erstreckt sich auch auf solche Taten, die mit dem bisherigen Ermittlungsgegenstand in sachlichem Zusammenhang stehen. Dies ist der Fall, wenn die neuen nicht vom ursprünglichen Ermittlungswillen erfassten Tatvorwürfe sich lediglich auf weitere Besteuerungszeiträume hinsichtlich derselben Steuerarten bei identischen Einkunftsquellen er-strecken.“

Der Grenzbetrag in Höhe von € 50.000,00 je Tat (§ 371 Absatz 2 Nr. 3 neue Fassung) orientiert sich an dem Urteil des Bundesgerichtshofs zum Regelbeispiel des § 370 Absatz 3 Nr. 1, wonach das Merkmal des „großen Ausmaßes“ bei € 50.000,00 Steuerschaden als erfüllt anzusehen ist (BGH, Aktenzeichen 1 StR 416/08).

D. Erstmalige Anwendung der Neuregelung

Artikel 97 § 24 EGAO bestimmt, dass bei Selbstanzeigen nach § 371 der Abgabenordnung, die bis zum 28.04.2011 bei der zuständigen Finanzbehörde eingegangen sind, die Regelungen des § 371 Abgabenordnung in der bisher geltenden Fassung (..) anzuwenden sind.

E. Straffreiheit in besonderen Fällen

Gemäß § 371 Absatz 2 Nr. 3 Abgabenordnung tritt zwar Straffreiheit für eine Steuerverkürzung nicht ein, wenn der hinterzogene Betrag einen Betrag von € 50.000,00 je Steuerart und Besteuerungszeitraum übersteigt, jedoch sieht § 398a der Abgabenordnung vor, dass von der Strafverfolgung in diesen Fällen abzusehen ist, wenn neben der Entrichtung der hinterzogenen Steuern und der darauf entfallenden Zinsen eine freiwillige Zahlung in Höhe von 5% der jeweiligen verkürzten Steuer zugunsten der Staatskasse geleistet wird.

F. Stellungnahme

Ansatzpunkt für die strafbefreiende Selbstanzeige muss – wie bisher - die Verjährungsfrage sein (10 Jahre gemäß § 376 Absatz 1 Abgabenordnung bei besonders schwerer Steuerhinterziehung, ansonsten 5 Jahre). In diesem Zusammenhang ist auf die verschärfte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hinzuweisen, wonach eine Steuerhinterziehung ab einem Steuerbetrag von € 50.000,00 ein „großes Ausmaß“ darstellt und daher einen besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung begründet (§ 370 Absatz 3 Nr. 1 Abgabenordnung).

Eine Selbstanzeige kommt nur dann in Betracht, wenn der Mandant die nötigen finanziellen Mittel besitzt, um die hinterzogenen Steuern nachzuzahlen. Bei nur teilweiser Nachzahlung entfällt daher die strafbefreiende Wirkung der Selbst-anzeige in vollem Umfang.

Praktische Probleme bleiben in Bezug auf - unabsichtliches - geringfügiges Abweichen von Zahlenangaben in der Selbstanzeige gegenüber der tatsächlich später festgesetzten Steuerverbindlichkeiten.

Weiterhin sind die berufsrechtlichen / disziplinarrechtlichen Konsequenzen der Selbstanzeige zu beachten.

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass nach dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 20.05.2010 die Straffreiheit nach der Neuregelung der Selbstanzeige durch das Schwarzgeldbekämpfungsgesetz künftig nur noch eintreten wird, wenn

  • alle Taten derselben Steuerart (z.B. Einkommensteuer),
  • die strafrechtliche noch nicht verjährt sind und
  • in vollem Umfang erklärt werden

(vgl. ORR Johannes Buse, StBp 2011, Seite 153 ff.).

Stand der Bearbeitung: 05.09.2011

 

1. Befreiung von der Prüfungspflicht

Das OLG München hat in einem kürzlich veröffentlichten Beschluss (Az: 31 Wx 61/05) entschieden, dass hinsichtlich der Geschäftsjahre vor Insolvenzveröffnung keine Befreiung von der Prüfungspflicht nach § 316 HGB für Jahresabschlüsse möglich ist. Eine entsprechende Anwendung von § 71 Abs. 3 GmbHG auf Jahresabschlüsse, die Zeiträume vor Auflösung der Gesellschaft oder vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens betreffen, scheide aus. Eine Regelungslücke, die eine entsprechende Anwendung rechtfertigen könnte, sei nicht ersichtlich. Ferner stünden die Vorschriften der 4. gesellschaftsrechtlichen Richtlinie (RL 78/660/EWG Art. 51) einer Ausdehnung der Befreiung von der Prüfungspflicht entgegen. Jahresabschlüsse von mittelgroßen undb großen Kapitalgesellschaften, die Geschäftsjahre vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens betreffen, würden ohne Befreiungsmöglichkeit der Prüfungspflicht nach § 316 HGB unterliegen.

2. Sittenwidrige Schädigung

Die Registrierung einer Internet-Domain kann außer aus marken- und namensrechtlichen Gründen im Einzelfall auch wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung eines Dritten den Tatbestand des § 826 BGB erfüllen. Die Voraussetzungen hat der Bundesgerichtshof im Rahmen einer Entscheidung zu "weltonline.de" konkretisiert. Das Berufungsgericht hatte einer Klage der Axel Springer AG als Herausgeberin und Markenrechtsinhaberin der Zeitung "Die Welt" mit der eigenen Domain "welt.de" stattgegeben, weil der Verlag an dem streitigen Domainnamen ein eigenes kennzeichenmäßiges Interesse habe und der Beklagte eine sittenwidrige Geschäftsidee, nämlich die vorsätzliche Behinderung berechtigter Inhaber, zur Gewinnerzielung verwende (BGH, NJW 2005, 680).

3. Haftung eines Internet-Auktionshauses

Anlässlich einer Klage des Herstellers der "Rolex"-Uhren gegen den Betreiber eines Internet-Auktionshauses, gerichtet auf Schadenersatz und Unterlassung bezüglich des Anbietens gefälschter Uhren, musste sich der Bundesgerichtshof mit den Haftungsnahmen des Teledienstegesetzes befassen.

Danach sei nach § 8 II i.V. mit § 11 S. 1 TDG sowie 46 EG-E-Commerce-Richtlinie (ECRL) kein Unterlassungsanspruch gegeben. Plattformbetreiber sind nicht Täter einer Markenverletzung, wenn ein Verkäufer gefälschte Markenware zur Versteigerung anbietet. Im Rahmen der Störerhaftung ist dem Plattformbetreiber aber zuzumuten, jedes in einem automatisierten Verfahren ins Internet gestellte Angebot darauf zu überprüfen, ob Rechte Dritter verletzt werden. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs gilt, dass der Plattformbetreiber - wenn ihm ein Fall einer Markenrechtsverletzung bekannt wird - nicht nur das konkrete Angebot unverzüglich sperren lassen muss, sondern auch technisch mögliche und zumutbare Maßnahmen ergreifen muss, um die Markenrechte Dritter zu schützen (BGH, NJW 2004, 3102).

4. Domainverlust bei Aufgabe des Geschäftsbetriebs

Gibt eine Firma ihre geschäftliche Bezeichnung auf, ist die Weiterverwendung ihres aus der bisherigen Firma gebildeten Domain-Namens nach Auffassung des Bundesgerichtshofs nicht prioritätswahrend. Es ist deshalb möglich, dass nunmehr ein anderes Unternehmen über eine bessere Priorität an der Bezeichnung verfügt und damit die Löschung der Domain verlangen kann (BGH, GRUR, 2005, H. 10 - Seicom).

5. Umsatzsteuerliche Behandlung des Absonderungsrecht

Der Kläger ist Nachlassverwalter des Kaufmanns N. Der N hatte ein Autohaus betrieben, das in Konkurs gefallen war. Im Jahre 2000 (Streitjahr) verkaufte der Kläger als Konkursverwalter die in dem Autohaus verbliebenen Fahrzeuge. Diese Fahrzeuge waren einem Kreditgeber sicherungsübereignet. Außerdem verkaufte er ein zur Masse gehörendes Grundstück für einen Preis von 986.000,00 DM (850.000,00 DM +136.000,00 DM USt). Es war durch eine Grundschuld in Höhe von 1.1 Mio. DM belastet. Aus der Veräußerung des Fahrzeuge behielt der Kläger den Kostenbeitrag (die Feststellungs- und die Verwertungskostenpauschale) im Sinne des § 171 der Insolvenzordnung (InsO) ein und zahlte den Netto-Erlös an den absonderungsberechtigten Gläubiger aus. Für den Grundstücksverkauf vereinbarte der Kläger mit der absonderungsberechtigten Bank eine Beteiligung am Verwertungserlös in Höhe von 4 v.H. zu Gunsten der Masse. Bei der Umsatzbesteuerung berücksichtsichtigte der Insolvenzverwalter beide Vorgänge nicht. Das Finanzamt hielt dagegen sowohl die Verwertungspauschale bei dem Verkauf des Fahrzeuge als auch die Erlösbeteiligung beim Grundstücksverkauf im Verhältnis Insolvenzverwalter - Gläubiger für umsatzsteuerbare Vorgänge und änderte die Umsatzsteuerbescheide für 2000 entsprechend. Der Kläger ging dagegen mit der Klage vor dem Finanzgericht vor. Das FG billigte die Ansicht des Finanzamtes und wies die Klage ab. Der Kläger legte gegen diese Entscheidung Revision zum BFH ein.

Die Revision zum BFH hatte nur zum Teil Erfolg.

In seiner Entscheidung differenziert der BFH scharf zwischen der Behandlung der Verwertungskosten für die beweglichen Sachen (Autos) und die Verwertungskosten für die Immobilie.

Voraussetzung dafür, dass eine Leistung überhaupt umsatzsteuerbar sei, ist, dass eine Lieferung oder sonstige Leistung im Unternehmen gegen Entgelt erfolgt. Bezogen auf den Fall heißt dies, dass der Kläger (bzw. der durch ihn vertretene Schuldner) durch seine Verkaufsbemühungen eine Leistung gegen Entgelt im Sinne eines Leistungsaustausches für den jeweiligen Gläubiger erbracht haben müsste.

Bezüglich der Verwertung der beweglichen Sache Kraftfahrzeuge stellt der BFH fest, dass es an einem solchen Leistungaustausch fehle. An den Autos bestand Sicherungseigentum für den Sichergeber. Bei der Verwertung erhält er von dem Erlös des Gegenstandes eine abgesonderte Befriedigung (§ 50, 51 Nr. 1 InsO). Bezüglich der Kosten für die Verwertung, die der Insolvenzverwalter für seine Verkaufsbemühungen erhält, erhält der Insolvenzverwalter nach dem Gesetz (§ 170 Abs. 1 Satz 1 InsO) diesen vorweg aus dem erzielten Verkaufserlös. Einer besonderen Vereinbarung für die Vergütung bedarf es nicht. Erst den verbleibenden Betrag erhält dann der absonderungsberechtigte Gläubiger ausbezahlt. Der Insolvenzverwalter handele dabei kraft einer vom Gesetz eingeräumt Befugnis. Es fehle an einem Auftrag durch den Gläubiger. Die Verwertungskosten erhalte er nicht von ihm.

Bezüglich des freihändigen Verkaufs der Immobilie gelte jedoch etwas anderes. Hier habe der Insolvenzverwalter durch den Verkauf gegenüber dem Grundpfandgläubiger eine Leistung erbracht, die umsatzsteuerpflichtig sei. Nach den Vereinbarungen zwischen dem Kläger und dem Grundpfandgläubiger sollte der Kläger für die Verkaufsbemühungen einen prozentualen Anteil am Verkaufserlös erhalten. Die Sonderregelung des § 170 Abs. 1 InsO gegenüber dem § 55 Nr. 1 InsO, wonach die Verwertungskosten vorweg aus der Insolvenzmasse zu entnehmen sind, so dass die Masse nicht mit den Verwertungskosten belastet wird, ist nur für bewegliche Sachen und Forderungen anwendbar, nicht aber für Grundstücke. Daher liege bei Immobilien in der "Verkaufsleistung" des Insolvenzverwalters eine umsatzsteuerbare Leistung (BFH, Urteil vom 18.08.2005, V R 31/04).

Weitere Entscheidungen folgen.

 

 

 

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